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Geschichte

Burschenschaft Nassovia im SB zu Saarbrücken

Die „Universität des Saarlandes“ zählt zu den jüngsten deutschen Universitäten. Sie ist unter der Ägide Frankreichs nach dem 2. Weltkrieg in dem damals politisch teilautonomen und ökonomisch an Frankreich angeschlossenen Saarland etappenweise entstanden, weswegen es auch kein bestimmtes Gründungsdatum gibt. Begonnen hat alles am 08.03.1947 mit Eröffnung eines „Centre Universitaire“ für Medizin in Homburg, wo bis heute die medizinische Fakultät ist, während sich die übrigen sieben Fakultäten (Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, drei philosophische und drei naturwissenschaftlich–technische Fakultäten) in Saarbrücken befanden. Daher gibt es auch an der Saarbrücker Universität nur wenige Studentenverbindungen und darunter noch weniger „echte“ saarländische Korporationen. Die traditionsreichen Korporationen sind „Exilverbindungen“ aus Königsberg, Leipzig und Prag, welche hier im Saarland eine neue Heimat fanden. Die Burschenschaft Nassovia zählt zu den wenigen saarländischen Neugründungen an der Universität und ist daher fast so alt wie die Universität. Im Vergleich mit anderen deutschen Studentenverbindungen ist sie jedoch noch sehr jung.

1956

Gründung: Initiator war Pfarrer Erich Buntenbach, einer der letzten Chargierten der Grenzlandverbindung Marienburg zu Königsberg. Fünfzehn Philister des Schwarzburgbundes folgten seiner ersten Einladung im November 1948 und schon bald fand er in dem Jurastudenten Rudolf Werkle den Motor der aufkeimenden neuen Verbindung, die am 03.01.1956 gegründet wurde. Eine wesentlich frühere Gründung wäre aufgrund der politischen Verhältnisse damals nicht möglich gewesen. Acht Philister aus verschiedenen Verbindungen des Schwarzburgbundes standen den sieben Gründungsburschen als Paten zur Seite. Der Gründungskonvent legte sich auf den Namen „SB-Burschenschaft Nassovia“ (er wurde später in „Burschenschaft Nassovia im SB“ geändert) fest mit den Farben Blau-Weiß-Blau auf weißem Grund. „Auf weißem Grund“ war erforderlich, weil die Farben Blau-Weiß-Blau schon an die KV-Verbindung „Arnulf“ vergeben waren.

An der von Deutschland abgetrennten Saar war der Patriabegriff von großer Bedeutung, gleichzeitig war eine Deutung aufgrund des Missbrauchs durch die nationalsozialistische Vergangenheit schwierig. Die Gründer einigten sich deswegen auf den Wahlspruch

Wahrheit, Freiheit, Freundschaft.

Sie waren der Meinung, dass im Begriff „Freiheit“ auch die politische Freiheit und damit auch das Vaterland, die Heimat, impliziert sind.

Es folgten rasch die Aufnahme in den Schwarzburgbund und ein rasant-blühender Aufstieg.

 


 

1958

Schon 2 Jahre nach der Gründung wurde dank des großartigen Einsatzes des Gründungsphilisters Josef van Rey in Dudweiler-Süd in unmittelbarer Nähe zum Universitätscampus ein Doppelgrundstück erworben, eigentlich eine Baracke, eine ehemalige Gerberei, das „Haus am Schiedebornschacht“. Das Haus bestand aus Diele, vier Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Gemeinschaftsraum, einem sehr großen Kneipraum, den üblichen Toilettenanlagen, rundum ca. 200 m² Wohnfläche und großem Garten.

Das Nassovenhaus beim Kauf 1959

Erst im Wintersemester 62/63 konnte es nach schwerster Eigenarbeit aller Aktiven bezogen werden. Die folgenden Semester glänzten vor Aktivitäten. Selbstverständlich fand jedes Semester eine Antritts- und Abschlusskneipe statt, zudem im Sommersemester das Stiftungsfest, im Wintersemester das Gründungsfest. Zu den zahlreichen hochkarätigen wissenschaftlichen Abenden wurden oft auch Universitätsprofessoren eingeladen. Couleurbummel, Gartenfeste, Tanzfeste, Spielabende umrahmten das dichte Programm der teils 14-tägigen Convente.

 

Das Nassovenhaus 1966

Vor allem in den 60er Jahren wuchs die Nassovia so schnell, dass es manchmal schwer war, die große Nachwuchsschar, Fuxia genannt, zu integrieren.

 


1964

Mit Bundesbruder Hansrobert Kohler als Bx (Bundesvorsitzender aller aktiven Verbindungen des Schwarzburgbundes) übernahm die junge Nassovia für zwei Jahre den Vorort im Schwarzburgbund.

Das „Haus“ hatte sich inzwischen zum Mittelpunkt entwickelt und für die meisten Bundesbrüder war es selbstverständlich, dass man auch außerhalb der Veranstaltungen „aufs Haus ging“. Viele Nächte wurden hier durchdiskutiert, viele Sommertage wurden in dem großen Garten verbracht, von wo aus man einen weiten Blick über das Sulzbachtal hatte. Das Haus lag nach Erschließung des ehemaligen Feldes in einem Wohnbaugebiet bester Wohnlage. Auch Professoren, zu denen wir gute Kontakte hatten, wohnten in unserer Nachbarschaft. In den folgenden Jahren wurde ständig an dem Haus renoviert, verbessert, verschönert, aber es blieb letztendlich eine ebenerdige Baracke.

 


1967

Bundesbruder Prof. Dr. Dr. Hansrobert Kohler komponiert und dichtet das Nassovenlied, unsere Hymne.

Aufstellung eines 9m hohen, stählernen Fahnenmastes. Ein Geschenk des Philisters Rudolf Köst. Um Geld zu sparen wurde der 9m lange Eisenmast auf den Schultern von Saarbrücken bis Dudweiler getragen.

 


1968

Erste „Modernisierungstendenzen“: Bis dahin hatte die Nassovia eine sehr strenge burschenschaftlich orientierte Couleurordnung: Anzug, Krawatte und Hemd, welches auf Kneipen weiß sein musste, waren selbstverständlich. Erstmals wurde jetzt das Zipfeltragen auf Sporthemd erlaubt, während auf Conventen weiterhin der Anzug Pflicht blieb. Erst in den Jahren danach wurde dies schrittweise aufgelockert.

Viel diskutiert wurde über die ideologischen Grundpfeiler, hier das Christianum und den Patriabegriff und damit zusammenhängend die Aufnahme von „ausländischen Studenten“. Diese Frage wurde später so gelöst, dass die Satzung der Nassovia schon früh geändert wurde. Während sich die Verbindung laut alter Satzung als eine „Vereinigung deutscher Studenten“, was eine deutsche Nationalität verlangte, gegründet wurde, wurde dies später in „deutsche Studentenverbindung“ geändert, was die Aufnahme von Ausländern erlaubte.

Zum dritten Mal erhielt die Nassovia den Vorsitz der Saarbrücker Korporationen, ein Beweis für ihre Stärke und ihr Gewicht an der Universitas Saraviensis.

 


1971

Der Heraldiker Erhard Denke entwarf der Nassovia ein neues Wappen, welches landschaftlich und dynastisch durch den Namen Nassovia geprägt ist.

 

 


1971/72

Die Diskussion um die Aufnahme von Studentinnen erschüttert die Nassovia schwer. Nach langer kontroverser Diskussion entschloss sich die Nassovia damals ein Männerbund zu bleiben.

 


1972

Einführung von Kneipjacken: Abgesehen von einigen wenigen Bundesbrüdern war die Mehrheit der Nassovia immer sehr couleurbegeistert. So war es nicht überraschend, dass die Aktivitas bei immer noch kontroverser Diskussion über die Vollwichs Kneipjacken einführte; ein Jahr später kamen Vollwichs inklusive Sporen und handgemalten Wappenkrügen hinzu.

 


1974

Zum zweiten Mal übernimmt die Aktivitas den Vorort im Schwarzburgbund, jetzt in Person von Dr. H.-J. Riotte. Allerdings hatte die Aktivitas in dieser Zeit auch erstmals ernsthafte Nachwuchssorgen. So war die hohe Mitgliederzahl von 40 – 70 Studenten, wie in den 60er Jahren, stark rückläufig. Doch konnte man mit einer Mitgliederzahl von 20 – 30 Studenten, davon mindestens 15 am Hochschulort, ein schönes Verbindungsleben aufrecht erhalten, mit breitem Meinungsaustausch zwischen den einzelnen Fachdisziplinen. Die Nassovia war nie auf eine Fakultät einseitig ausgerichtet. Selbst viele Mediziner, die 30 km entfernt in Homburg studierten, sind in der Nassovia aktiv.

 


1978

Öffnung der Verbindung für „Fachhochschüler“: Die Nassovia hatte bisher strikt nur Studenten aus der Universität aufgenommen, da sie sich als „akademische“ Vereinigung verstand Dies entsprach unserem damaligen Elitebegriff, über den wir viel diskutierten. Jetzt öffnete sich die Verbindung, und die ersten „Fachhochschüler“ wurden aufgenommen. Dennoch setzte ein langsamer Todeskampf ein. Die Zahl der immatrikulierten Aktiven sank zunehmend. Auch entsprach unser Haus nicht annähernd mehr den damaligen hygienischen Erfordernissen. Es war nicht mehr zu vermieten.

 


1979

Neubau: Unter dem neuen Vorstand Dr. Heinrich-Josef Riotte als erstem und Gründungsburschen Rudolf Gollub als zweitem Vorsitzenden wurde die alte Idee eines Neubaus verwirklicht. Das Nassovenhaus lag inzwischen in einer sehr noblen Straße. Das Grundstück hatte sehr hohen Marktwert. Es war daher nicht schwierig, durch entsprechende Grundstücksbelastungen Geld zu bekommen und nach schriftlicher Abstimmung aller Philister erfolgte im November 1980 schon das Richtfest, im Sommersemester 1981 war der Einzug.

 

Hausabriss

Das neue Haus wurde anstelle des abgerissenen alten Hauses errichtet. [Es bestand aus 2 Etagen mit je etwa 260 m² Wohnfläche: 12 Einzelzimmer, davon 6 mit Nasszelle und Balkon und einem separaten Eingang zu den Zimmern, um auch eine Fremdvermietung zu ermöglichen. In der anderen Hälfte des Hauses befanden sich ein sehr großer Kneipraum mit Buffet, Küche, Büro- und Archivraum sowie ein großer Konferenzraum.]

 

Gründungsfuxmajor Pfarrer Buntenbach

Die Hoffnungen, dass es dadurch gelänge, junge Studenten anzusprechen, erfüllten sich nicht. Bundesbrüder wohnten fast keine auf dem Haus. Schließlich musste es auch an Nichtstudenten vermietet werden, da zur Finanzierung dieses Projektes der Hausbauverein auf diese Einnahmen angewiesen war.

 

Gründungsfestkommers im Rohbau

Misswirtschaft in der Hausverwaltung und leer stehende Zimmer zeigten dann, dass die Nassovia sich mit diesem Haus übernommen hatte, obwohl bei ordentlicher Vermietung die Einnahmen für die Rückzahlung der Kredite ausgereicht hätten.

 

25. Stiftungsfest und Hauseinweihung – volles Haus

 

Trinkhorn Nassoviae

 


1982

Die Aktivitas kämpft um ihr Überleben. Es gelingt nicht, das Haus optimal zu verwalten. Der Verkehrswert des Hauses betrug damals 470.000,– DM, der Sachwert 700.000,– DM.

 


1984

Unter Anwesenheit des Philistervereinsvorsitzenden Lothar Antoni beschließen die letzten vier anwesenden Aktiven die Vertagung der aktiven Verbindung.

 


1987

Verkauf des Hauses: Nach zunehmender Diskussion um einen Verkauf des Hauses wurde dieser am 21.03.1987 beschlossen und erfolgte am 09.04.1987.

 


1992

Erste Treffen: Nach längerer Pause, die durch den Verkauf unseres Hauses, was den Verein emotional sehr belastete, entstanden war, trifft sich auf Einladung des Philistervereinsvorsitzenden erstmals ein größerer Kreis von Nassoven, eine Zusammenkunft, die sich seit 1996 etabliert hat. Seither kommen die Nassoven, welche von rund 80 Mitgliedern im Jahr 1986 auf 35 Mitglieder im Jahre 2018 geschmolzen sind, einmal im Jahr bis zu vier Tage an unterschiedlichen Orten in Deutschland zusammen.

125 Jahre Schwarzburgbund, auch die Nassovia war vertreten (2012)

 


Dr. Heinrich-Josef Riotte (Ns 66/67, Mfr 69, Sü 69) Literatur:

  • RIOTTE, „25 Jahre B! Nassovia“, Broschüre, Selbstverlag 1981
  • Annales Nassoviae, Verbindungszeitschrift, Nr. 1 – 66 (1957 – 2017)
  • RIOTTE, „Ein Strohfeuer oder 60 Jahre Burschenschaft Nassovia im Schwarzburgbund zu Saarbrücken“,
    2016, ISBN 978 3 00 054420 0, 257 Seiten. Das Buch ist vergriffen, es sind jedoch noch Restbestände beim Autor erhältlich.